Der WEISSE RING legt in diesem Jahr einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf das Thema „Hass und Hetze“. Denn im öffentlichen wie im digitalen Raum werden immer mehr Menschen Opfer von verbalen Attacken und gewaltsamen Angriffen. Bianca Biwer, die Geschäftsführerin des WEISSEN RINGS, erläutert die Arbeit der Organisation zum Schutz der Opfer von Hasskriminalität.
Wie äußern sich Hass und Hetze im Internet und im öffentlichen Raum?
Hasskriminalität hat verschiedene Erscheinungsformen. Es beginnt mit Beschimpfungen und Bedrohungen etwa in sozialen Medien und geht bis zu brutalen Gewalttaten. Der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke oder die Anschläge von Halle und Hanau sind nur einige Beispiele aus jüngster Zeit.
Gegen wen richtet sich diese Art von Gewalt?
Viele Betroffene sind Angehörige von Minderheiten, etwa Menschen mit fremder Herkunft, anderer Religion, Hautfarbe oder mit Behinderung. In vielen Fällen richtet sich die Aggression auch gegen Frauen, oft in Form vulgärster Beschimpfungen. Aber auch Politiker, Polizisten, Rettungskräfte oder Journalisten werden zunehmend Opfer von Hasskriminalität. Den Tätern geht es darum, ein Klima der Angst und der Einschüchterung entstehen zu lassen.
Was sind Ihrer Meinung nach die Ursachen dafür, dass diese Form der Gewalt zunimmt?
Etwas vereinfachend kann man sagen: Die Sorgen vieler Menschen und ihre Unsicherheit nehmen zu. Darauf wird oft mit der Herabsetzung anderer reagiert. Es ist aber völlig inakzeptabel, wenn Vorurteile sich in Hass und Gewalt äußern. Das führt zu einer Verrohung der Gesellschaft, der wir uns gemeinsam mit aller Kraft entgegenstellen müssen. Denn Hass ist keine Meinung und es ist wichtig, mit Gegenrede dagegen vorzugehen.
Ist da nicht der Gesetzgeber gefordert?
Ja, und der hat z. B. die Strafen für Hetze, antisemitische Motive, Verleumdungen und Drohungen im Netz verschärft. Auch müssen soziale Netzwerke schwere Hassdelikte ab Februar 2022 nicht mehr nur löschen, sondern auch dem Bundeskriminalamt melden. Das wird hoffentlich zu mehr Ermittlungsverfahren führen.
Wie hilft der WEISSE RING Opfern von Hasskriminalität?
Mit präventiver Arbeit, wie aktuell unsere Plakatkampagne, und Verhaltenstipps stärken wir die Zivilcourage und ermutigen Menschen, sich der Hasskriminalität entgegenzustellen, ohne sich selbst zu gefährden. Und wer Opfer wurde, erhält hundertprozentigen Rückhalt bei unseren rund 2.900 professionell ausgebildeten Opferhelferinnen und -helfern in den knapp 400 Außenstellen des WEISSEN RINGS. Diese stehen den Opfern umfassend zur Seite und unterstützen beispielsweise mit einem Hilfescheck für eine psychotraumatologische Erstberatung. Unsere Unterstützung hilft Betroffenen wieder in ein normales Leben ohne Angst zurückzufinden.
Und das geht auch in Pandemiezeiten?
Ja, natürlich bieten wir die Hilfen auch während der Corona-Pandemie an. Neben der persönlichen Beratung stehen unser kostenfreies Opfer-Telefon unter der Nummer 116 006 sowie unsere Onlineberatung zur Verfügung. Das alles finanzieren wir übrigens ohne jeden staatlichen Zuschuss, sondern über Spenden, Mitgliedsbeiträge und auch über Geldauflagen.
– WEISSER RING e. V.